Interview mit Dr. Shakti Chaurasiya zu Schutzmaßnahmen für medizinisches Personal in Nepal

Dr. Shakti Chaurasiya ist Präsident der „Nepal Medical Students‘ Society“. Bereits kurz nach Auftauchen der ersten Fälle von Covid-19 in Nepal, startete die Organisation ein Projekt für Schutzkleidung für Ärzte und medizinisches Personal, das auch vom Long Yang e.V. und der Akasha Academy NGO unterstützt wird.

Frage: – Long Yang e.V.: Shakti, könnten Sie bitte kurz die Nepal Medical Students’ Society vorstellen?

Antwort – Dr. Shakti Chaurasiya: Die Nepal Medical Students’ Society (NMSS) ist eine international anerkannte, gemeinnützige, nichtpolitische und rein professionelle Organisation von nepalesischen Medizinstudenten, welche auch von der nepalesischen Regierung anerkannt ist. Sie lässt sich in ihrem Handeln von zwei Hauptprinzipien leiten: dem Wohlergehen der Studenten und sozialem Engagement. Seit der Gründung im Jahr 1985, spielt die NMSS nicht nur eine wichtige Rolle bei der Verbesserung des akademischen Umfelds, sondern führte auch verschiedene Aktivitäten durch, wie Blutspenden, „Health Camps“ auf dem Land, Gesundheitsaufklärungs-Programme, Hilfsfonds für Erdbebenopfer, Medizinische Nothilfe nach Naturkatastrophen, Studentenaustausch, Kulturprogramme und Feiern verschiedener internationaler Tage.

F: Wie hat die Covid-19-Krise den Schwerpunkt Ihrer Arbeit verändert?

A: Seit Beginn der Covid-19-Pandemie arbeiten wir an drei Hauptthemen:

  1. Bewusstsein in der allgemeinen Bevölkerung:
  • Vor dem Lockdown führten wir diverse Aufklärungs-Kampagnen in verschiedenen Teilen Nepals durch, um die “Female Community Health Volunteers“, Gesundheitshelferinnen in den Gemeinden, aufzuklären und zu sensibilisieren.
  • Seit der Ausgangssperre haben wir in verschiedenen Teilen Nepals Audio-Aufklärungsprogramme zu Covid -19 in den lokalen Sprachen/ in Landessprache ausgestrahlt und auch Video-Aufklärungsprogramme über soziale Medien verbreitet.
  1. Schutz des Gesundheitspersonals durch Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung und Schulung des Gesundheitspersonals in Bezug auf COVID-19.
  2. Über soziale Medien unterstützen wir Menschen bei der Lösung allgemeiner Fragen zu Gesundheitsthemen. Jeden Tag findet ein Treffen mit Studenten aus verschiedenen Fakultäten zu unterschiedlichen Themen in den Bereichen “Krankheitsprävention” sowie “Behandlung und Genesung zu Hause” statt.

F: Könnten Sie bitte die aktuelle Situation in Nepal beschreiben?

A: Die Regierung in Nepal tut ihr Bestes, um das Virus einzudämmen. Dennoch treten in regelmäßigen Abständen neue Fälle auf. Da wir nicht genügend Test-Kapazitäten haben, ist die Ausgangssperre momentan die einzige Lösung und wird deshalb noch länger andauern. Die größten Herausforderungen für Nepal sind aktuell:

  1. DieBereitstellung von Schutzausrüstung für Fachkräfte in Gesundheitsberufen,
  2. die Aufrechterhaltung des Lockdowns und die ausreichende Versorgung Bedürftiger mit Nahrungsmitteln,
  3. der Ausbau von Testkapazitäten durch Bereitstellung von Arbeitskräften, Test-Anlagen und -ausrüstung.

F: Nach Auftauchen von Covid-19 in Nepal, haben Sie ein Projekt für die Bereitstellung von Schutzkleidung für Ärzte und medizinisches Personal gestartet, das auch vom Long Yang e.V. und der Akasha Academy NGO unterstützt wird. Warum haben Sie das Projekt ins Leben gerufen?

A: Zusammen mit meinen Kollegen arbeite ich selbst in der Notaufnahme des Lehrkrankenhauses der Tribhuvan Universität in Kathmandu. Wir hatten Angst und fühlten uns unsicher, Patienten mit grippeähnlichen Symptomen ohne jegliche persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu behandeln, was die Patientenversorgung beeinträchtigte. Da die Verwaltung und die Behörden nicht in der Lage waren, ausreichend PSA zur Verfügung zu stellen, dachten wir darüber nach, wie wir diese Lücke füllen könnten. Wir begannen, nach Mitteln zu suchen, um den Ärzten in der Fieberklinik, der Notaufnahme und denjenigen, die von der Krankenhausverwaltung bislang nicht bedacht werden, PSA zur Verfügung zu stellen.

F: Mit welchen Akteuren arbeiten Sie zusammen?

A: Innerhalb der NMSS sind die Ärzte, die sich im Praktikum befinden, beteiligt. Wir arbeiten Hand in Hand mit der Nepal Medical Association (NMA), der Non-Residential Nepalese Association (NRNA), der Australasian Nepalese Medical and Dental Association (ANMDA) und der AussieMed Foundation zusammen und haben eine Gruppe namens NIRHAT gebildet, die ich leite. Das Netzwerk der Gruppe hilft uns bei der Mittelbeschaffung, der Bedarfsermittlung und dem Transport.

F: Welche Gebiete in Nepal versorgen Sie mit PSA?

A: Wir versuchen, die Gebiete und Gesundheitsfachkräfte zu unterstützen, die von der Regierung noch nicht erreicht wurden: Internisten und niedergelassene Ärzte in ganz Nepal, Personal in der Notaufnahme in verschiedenen Distrikten und Distrikts-Krankenhäuser Nepals und vor allem die Health Posts (Zentren für primäre Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten), die als erste Anlaufstelle aufgesucht werden.

F: Woher wissen Sie, wie viel Bedarf an Schutzausrüstung besteht und wohin diese geliefert werden soll?

A: Tatsächlich nutzen wir unsere Alumni (ehemalige Mitglieder der NMSS), die in verschiedenen Krankenhäusern Nepals arbeiten. Außerdem arbeiten wir mit der NMA, der Organisation für praktizierende Ärzte, zusammen. Auf diese Weise stehen wir in direktem Kontakt mit den praktizierenden Ärzten in den Krankenhäusern. Wir ermitteln den Bedarf auf Grundlage der diagnostizierten Fälle, des Risikos von Neuinfektionen, der Patientenströme und der Hilfe der Regierung.

F: Wie sind der Einkauf und die Verteilung der PSA organisiert? Was ist die größte Herausforderung?

A: Wir führen eine Liste nepalesischer Lieferanten, von denen wir die PSA einkaufen, nachdem wir über die Konditionen verhandelt haben. Zur Sicherstellung der Qualität ziehen wir die Richtlinien des Nepal Medical Council (NMC) heran. Wir kaufen die PSA entsprechend bei Anbietern ein, die die PSA zu günstigen Konditionen und bester Qualität anbieten. Was den Transport betrifft, so setzen wir Krankenwagen, Fahrzeuge der Krankenhäuser oder der Gemeinde selbst, Fahrzeuge der Armee und der WHO ein.

Das größte Problem, mit dem wir jetzt konfrontiert sind, ist die Geldbeschaffung und die gestiegenen Preise, die von den Verkäufern und den Transporteuren während der Ausgangssperre erhöht werden.

F: Wie sind die Reaktionen des medizinischen Personals, welches Sie mit PSA beliefert haben?

A: Sie sind sich sehr glücklich und motiviert, ihren Aufgaben nachzukommen. Einige der Gesundheitsfachkräfte haben uns sogar bei unserer Arbeit in der Mittelbeschaffung, dem Transport und der Bedarfsermittlung geholfen.

F: Können Sie etwas darüber sagen, wie sich ihr Einsatz auf die Patienten in den jeweiligen Gebieten und die Bevölkerung im Allgemeinen ausgewirkt hat?

A: Mit der Schutzkleidung fühlen sich die medizinischen Fachkräfte sicherer und sind motiviert, in einem herausfordernden Umfeld zu arbeiten.

Die anfängliche Überweisung oder Zurückweisung von Patienten, konnte auf ein Minimum reduziert werden und die Arbeitsumgebung ist hygienisch sicher, was letztlich die Qualität der medizinischen Versorgung der Menschen verbessert.

Vielen Dank für das Gespräch, Shakti. Alles Gute für Ihr Projekt.

Dr. Shakti Chaurasiya trat der NMSS während seines Studiums im Jahr 2013 bei. Im Jahr 2019 wurde er zum Präsidenten des 31. Exekutivkomitees der Organisation gewählt. Er ist außerdem Mitglied des NRNA Global Health Committee (stellvertretender Vorsitzender) und des Nepalese Rapid Health Assessment (Nepal – Leitung).